×

Deal zwischen zwei Finanzinvestoren

Investmentfirma KKR übernimmt Wacken-Veranstalter Superstruct Entertainment

von Daniel Nagel
veröffentlicht am 25.06.2024

wacken open air superstruct entertainment festival festivalorganisation musikbusiness

Investmentfirma KKR übernimmt Wacken-Veranstalter Superstruct Entertainment

Superstruct hält u.a. eine Beteiligung am Wacken Open Air. © WOA Festival GmbH

Die US-Investmentfirma KKR hat die Übernahme des europäischen Festival-Giganten Superstruct Entertainment bestätigt. Superstruct veranstaltet zahlreiche große europäische Festivals wie das Wacken Open Air, das Sziget Festival in Budapest und das Sonár Festival in Barcelona. Der Kaufpreis beläuft sich Schätzungen zufolge auf 1,3 Milliarden Euro.

Superstruct Entertainment wurde 2017 von dem Live-Nation-Manager James Barton mit finanzieller Unterstützung der US-Investmentfirma Providence Equity Partners gegründet. Seitdem hat Superstruct Beteiligungen an zahlreichen, vornehmlich europäischen Festivals erworben.

Das EBITDA (vereinfacht der Gewinn des Unternehmens) betrug im letzten Geschäftsjahr etwa 100 Millionen Euro. Über den Kauf hatte zunächst die Financial Times berichtet.

Europäischer Festival-Gigant

Nach eigenen Angaben verfügt der Festival-Gigant über Beteiligungen an 80 Festivals, die von jährlich mehr als 7 Millionen Zuschauern besucht werden. Zu den Festivals, an denen Superstruct beteiligt ist, zählen in Deutschland beispielsweise das Metal-Festival Wacken Open Air, das Elektro-Festival Parookaville und das genreübergreifende San Hejmo Festival (beide in Weeze).

Das europäische Portfolio umfasst Spezial-Festivals wie das Hardstyle/Techno-Festival Defqon.1 in den Niederlanden, das Sziget Festival in Budapest, eines der größten Mainstream-Festivals des Kontinents, aber auch das Sonár Festival in Barcelona, das Musik und Kunst abseits des Mainstreams eine Bühne bietet. 

Plan für weiteres Wachstum

Die börsennotierte US-Investmentfirma KKR hat die Übernahme inzwischen offiziell bestätigt. Superstruct sei "organisch und durch Übernahmen zu einer der weltweit führenden Live-Entertainment-Gruppen gewachsen." Das Unternehmen verfüge "über ein breit gefächertes Portfolio über alle Musikrichtungen und Regionen hinweg".

KKR erklärt, die Nachfrage nach Live-Entertainment sei in den letzten zehn Jahren erheblich gestiegen und werde voraussichtlich weiter wachsen, da Verbraucher verstärkt Geld für Erlebnisse statt für Waren ausgeben würden. KKR werde Superstruct dabei unterstützen, in einem sehr fragmentierten Markt weiter zu wachsen.

Lange vorbereiteter Verkauf

Bezüglich des Kaufpreises gibt es keine offiziell bestätigte Zahl, aber "gut informierte Quellen" nennen eine Summe von 1,3 Milliarden Euro. Providence Equity Partner erhält zudem die Möglichkeit, auch nach dem Verkauf an KKR 250 Millionen Euro in Superstruct zu investieren. 

Der Verkauf von Superstruct war lange vorbereitet. Schon Mitte 2023 berichtete Reuters, dass Providence nach einem Käufer suche und schätzte den Verkaufspreis auf mehr als 1 Milliarde Euro.

An dem Erwerb von Superstruct waren außer dem letztlichen Käufer KKR auch zahlreiche weitere Finanzinvestoren wie Blackstone und CVC Capital Partners interessiert, wie u.a. das manager-magazin berichtet.

Umtriebiger Investor

KKR besitzt Unternehmen in ganz unterschiedlichen Sparten überall auf der Welt, darunter in den Bereichen Medizin bzw. Medizintechnik, Pharma, Informationstechnologie, Immobilien, IT-Technologie und vieles mehr.  Beispiele für Beteiligungen in Deutschland sind das Kosmetikunternnehmen Wella oder der Axel Springer Konzern.

Aber auch in der Musikbranche ist KKR nicht ganz neu, wenngleich es dort bisher in anderen Bereichen agiert hat. So ging KKR Anfang 2021 eine Allianz mit BMG ein, um Musikverlagsrechte zu erwerben. Seitdem haben KKR und BMG beispielsweise Deals mit John Legend und ZZ Top abgeschlossen.

Krise, welche Krise?

Wie kann man den Kauf von Superstruct und die damit verbundenen Wachstumserwartungen von KKR mit dem Festivalsterben in vielen Ländern auf der Welt in Einklang bringen, über die wir wiederholt berichtet haben?

Die Erfolgsgeschichte von Superstruct liefert einen Hinweis, der sich auch in der Mitteilung von KKR wiederspiegelt. KKR nennt den Festivalmarkt einen stark fragmentierten Sektor ("highly fragmented sector") und meint damit, dass der Festivalmarkt im Gegensatz von Einzelunternehmern bzw. einzelnen Akteuren geprägt ist und eine vergleichsweise geringe Konzentration aufweist.

Gerade diese Einzelunternehmen können aber durch die starken Kostensteigerungen in allen Bereichen in Bedrängnis in Bedrängnis geraten. Superstruct ist bekanntlich den anderen Weg gegegangen und hat mit dem Geld der Investmentgesellschaft Providence Beteiligungen an vielen großen und profitablen Festivals erworben. Ein solches Unternehmen kann veränderte Marktverhältnisse, Publikumsinteressen und Kostensteigerungen aufgrund seiner Größe viel leichter bewältigen.

Die Vermutung liegt nahe, dass KKR mit Superstruct eine weitere Expansion plant und sich vor allem Beteiligungen an gut funktionierenden, erfolgreichen Festivals erwerben will. Festivals, die sich in einer wirtschaftlichen, vielleicht auch nur temporären, Krise befinden, sind vermutlich für KKR/Superstruct weniger attraktiv.

So droht im Festivalmarkt eine Polarisierung, die auch aus anderen Wirtschaftsbereichen bekannt ist: die Spaltung zwischen hoch profitablen Marktgiganten und kleineren Playern, die versuchen, im Angesichts von Kostensteigerungen und wachselnden Publikumsinteressen ihr Geschäft aufrechtzuerhalten. Die Festivallandschaft droht damit an Vielfalt zu verlieren.

Newsletter

Abonniere den Backstage PRO-Newsletter und bleibe zu diesem und anderen Themen auf dem Laufenden!