Gekauft, aber nicht gehört
US-Studie enthüllt: Rund die Hälfte der Käufer von Vinyl-Schallplatten besitzt keinen Plattenspieler
© Jamakassi via unsplash.com
Die wachsende Beliebtheit von Vinyl-Schallplatten ist ein lange anhaltender Trend. Im Jahr 2022 übertrafen die jährlichen Vinyl-Verkäufe in den USA erstmals seit 1987 die CD-Verkäufe, wie aus dem Bericht der Recording Industry Association of America (RIAA) hervorgeht.
Schallplatten haben CDs in den USA überholt
Demnach kauften die Verbraucher in den USA im Jahr 2022 41,3 Millionen Vinyl-Schallplatten, verglichen mit 33,4 Millionen CDs. Der Umsatz mit Vinyl stieg 2022 im Vergleich zum Vorjahr um 17,2 Prozent auf 1,2 Milliarden Dollar. Dagegen sank der Umsatz mit CDs 2022 um 17,6 Prozent auf 483 Millionen Dollar.
In den USA war der Umsatz mit Schallplatten laut den jüngsten Zahlen der RIAA im Geschäftsjahr 2022 also mehr als doppelt so hoch wie der Umsatz mit CDs. Angesichts der schwindenden Popularität von CDs durch Streaming-Dienste und dem ungebrochenen globalen Vinyl-Trend der letzten Jahre überraschen diese Zahlen nicht.
Trend zum Kaufen statt Hören
Aber warum kauft eine stetig wachsende Zahl von Menschen Schallplatten? Eine kürzlich veröffentlichte Studie des Musikvertriebsunternehmens Luminate bei der 3.900 US-Bürger befragt wurden wirft ein Licht auf das Konsumverhalten. Laut dieser Studie besitzen nur 50 Prozent der Verbraucher, die in den letzten 12 Monaten Vinyl gekauft haben, einen Plattenspieler.
Etwa die Hälfte der Vinyl-Käufer in den USA können ihre (teuer) erworbenen Schallplatten gar nicht abspielen. Die Motivationen für den Erwerb von Schallplatten sind vielfältig, dazu zählen etwa Dekorationszwecke oder das Wissen, durch den Erwerb Künstler zu unterstützen. Wohlgemerkt geht es in der Studie über die Käufer von neuen Schallplatten, nicht von Second-Hand-Vinyl.
Superfans treiben Vinyl-Trend an
Laut dem Verband der britischen Musikindustrie (BPI) treiben sogenannte "Superfans" den Trend zum "Kaufen statt Hören" entscheidend voran. Rob Crutchley erklärte 2020:
"Ein Teil der Leute kauft Vinyl, weil sie ein Superfan sind. Selbst wenn sie keinen Plattenspieler haben, wollen sie den Künstler unterstützen und das Artefakt selbst besitzen."
Superfans machen laut Luminate ein bestimmtes Genre oder einen bestimmten Künstler zum Teil ihrer Identität und tragen ihre Begeisterung aktiv nach außen. Dafür investieren sie überdurchschnittlich viel Zeit und Geld.
Identitätsstifender Besitz
In diesem Zusammenhang passen zwei Beobachtungen. Die Verkäufe von Taylor Swift-Platten machen aktuell einen beträchtlichen Teil des gesamten US-Vinyl-Marktes aus. Gerade bei den Hardcore-Fans von Taylor Swift (sog. Swifties) ist gut vorstellbar, dass ihnen der Erwerb und Besitz der Platten viel wichtiger ist, als die Möglichkeit, sie wirklich auch anzuhören.
Außerdem zählen klassische Platten wie "Abbey Road" oder "Sgt. Pepper's" von den Beatles, "Rumours" von Fleetwood Mac oder "Thriller" von Michael Jackson zu den größten Verkaufsschlagern des Vinylmarktes. Die weltberühmten Cover spielen in diesem Zusammenhang sicherlich keine geringe Rolle.
Eine andere Studie kam in diesem Zusammenhang allerdings zu etwas anderen Ergebnissen. Nach dieser Studie ist der Teil der Vinylkäufer, die Platten auch hört, deutlich höher. Allerdings zeigen beide Untersuchungen, dass Lifestyle und Identität unbestritten wichtige Faktoren für den Kauf von Schallplatten darstellen. Das reine Hörerlebnis ist nur ein Kaufgrund unter vielen.
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