Reaktion auf Herrenberg-Urteil
Deutscher Tonkünstlerverband fordert Erhaltung des "Dualen Systems" an Musikschulen
deutscher tonkünstlerverband musikunterricht
© Deutscher Musikrat
Der DTKV, der älteste und größte Berufsverband für Musikberufe in Deutschland, reagiert damit auf das sog. Herrenberg-Urteil des Bundessozialgerichts aus dem Jahr 2022 [Link zum PDF].
Das Gericht hatte die Frage zu entscheiden, ob die Honorartätigkeit einer musikalischen Lehrkraft als "selbstständige Tätigkeit" oder als "Scheinselbstständigkeit" einzustufen war. Das Bundessozialgericht kam zum Ergebnis, dass die Arbeitsbedingungen an öffentlichen Musikschulen einem sozialversicherungsrechtlich konformen Einsatz von Honorarverträgen in den meisten Fällen entgegenstehen.
Druck auf Kommunen steigt
Grundsätzlich sei laut Bundessozialgericht jeder Einzelfall zu untersuchen, allerdings lege § 2 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI fest, dass selbstständige Lehrer, "die im Zusammenhang mit ihrer selbstständigen Tätigkeit regelmäßig keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen", grundsätzlich sozialversicherungspflichtig sind.
Da es Musikschulen und Musiklehrern auch nicht freisteht, vertraglich etwas anderes zu vereinbaren, drohen Arbeitgeber*innen durch die Feststellung einer Scheinselbständigkeit hohe Nachzahlungen von Sozialabgaben. Dadurch steigt der Druck auf Kommunen und kommunale Musikschulen, Honorarkräfte sozialversicherungspflichtig anzustellen.
Einmalige Chance
Angesichts des Fachkräftemangels, erklärt Prof. Christian Höppner, Präsident des Deutschen Tonkünstlerverbandes, dass die Erhaltung des dualen Systems in der Musikausbildung mit festangestellten sowie freiberuflichen Fachkräften notwendig sei.
Das Herrenberg-Urteil biete dabei die einmalige Chance, "tarifgerechte Arbeitsverhältnisse in der Breite zu schaffen und die Rahmenbedingungen einer auskömmlichen freiberuflichen Tätigkeit zu verbessern".
Miteinander aus Festanstellung und Selbstständigkeit
Darüber hinaus erklärte er in der Pressemitteilung des DTKV:
"Die Balance des Dualen Systems in der Musikausbildung ist die Voraussetzung für ein bedarfsgerechtes Angebot, weil nur im Miteinander von Festanstellung und Selbstständigkeit dem Fachkräftemangel wirkungsvoll begegnet werden kann".
Der DTKV fordert ebenfalls eine Anpassung des Kriterienkatalogs der Deutschen Rentenversicherung zur Abgrenzung von angestellter und freiberuflicher Tätigkeit, der auch branchenspezifische Besonderheiten beachtet.
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