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"Biggest Q1 ever"

Live Nation droht mit Klage gegen mögliche Aufspaltung

Spezial/Schwerpunkt von Backstage PRO
veröffentlicht am 14.05.2024

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Live Nation droht mit Klage gegen mögliche Aufspaltung

Michael Rapino, Präsident und CEO von Live Nation (2022). © Live Nation

Entertainmentgigant Live Nation hat im ersten Quartal 2024 Umsatz und Gewinn deutlich steigern können und erwartet für das Gesamtjahr ein Rekordergebnis. Gleichzeitig kündigt das Unternehmen an, sich gegen eine mögliche Aufspaltung vor Gericht zur Wehr zu setzen.

Im Zusammenhang mit der Vorstellung des Geschäftsberichts für das 1. Quartal äußerte sich Live Nation auch zur drohenden Kartellklage des US-Justizministeriums.

Das geschah im sog. "Earnings Call", bei dem Investoren und Vertreter von Banken die Möglichkeit hatten, der Spitze von Live Nation Fragen zu stellen [Link zum PDF].

Droht Live Nation die Aufspaltung?

Laut CFO Joe Berchtold geht Live Nation davon aus, dass das US-Justizministerium in seiner Kartellklage die Aufspaltung von Live Nation und Ticketmaster fordern könne.

Das ist bemerkenswert, denn bisher sind öffentlich keine Informationen über die Klage bekannt. Die Aufspaltung des Unternehmens wäre die denkbar härteste Maßnahme, die dem Gesamtkonzern Live Nation/Ticketmaster drohen könnte. 

Gleichzeitig kündigte Live Nation Gespräche mit dem US-Justizministerium über die Themen an, die die Behörde untersucht hat. Sollten die Gespräche kein Ergebnis bringen, zeigt sich Live Nation aber entschlossen, sich gegen die Aufspaltung vor Gericht zu wehren.

Die Sichtweise von Live Nation

Nach Kenntnissen von Live Nation untersucht das US-Justizministerium nicht die Rechtmäßigkeit der Fusion von Live Nation und Ticketmaster oder die gesamte Geschäftsstruktur. Im Mittelpunkt stünden stattdessen "spezifische Geschäftspraktiken" entweder des Ticketing-Segments oder des Konzert-Segments, aber nicht beider Segmente in Kombination. 

Eine Aufspaltung sei aber nur dann eine zulässige Maßnahme, "wenn eine starke Verbindung zwischen der Unternehmensstruktur und der Fähigkeit des Unternehmens besteht, sich rechtswidrig zu verhalten." Das sei "im Großteil (!) der untersuchten Probleme" nicht gegeben.

Live Nation verteidigt in diesem Zusammenhang auch die Fusion von Live Nation und Ticketmaster, die vom US-Justizministerium überprüft und unter Auflagen genehmigt worden sei. Es liegt natürlich nahe, dass das US-Justizministerium die Aufspaltung von Live Nation mit der Begründung fordern könnte, das Unternehmen habe diese Auflagen verletzt.

Klage bedrohlicher als gedacht 

Die relativ ausführliche Antwort von Berchtold gleich zu Beginn des Earning Calls sowie der Inhalt seiner Aussagen legen nahe, dass Live Nation die Klage sehr ernstnimmt. Zudem deuten sie darauf hin, dass das US-Justizministerium zu härteren Maßnahmen bereit sein könnte, als bisher vermutet. 

Eine mögliche Aufspaltung von Live Nation und Ticketmaster hätte nicht nur gewaltige Auswirkungen auf den US-Veranstaltungsmarkt, sondern auch auf den europäischen, wobei die genauen Folgen aktuell nicht absehbar sind. Vorerst gilt es abzuwarten, ob das US-Justizministerium tatsächlich Klage erhebt und welche Maßnahmen es hinsichtlich Live Nation anstrebt.

Umsatz und Gewinn wachsen stark

Während die Zukunft von Live Nation aufgrund der Klage fraglich scheint, laufen die Geschäfte des Unternehmens weiterhin hervorragend. 

Laut Geschäftsbericht wuchs der Umsatz des Gesamtkonzerns um 21 Prozent auf 3,8 Milliarden US-Dollar. Das bereinigte Betriebsergebnis (also der Gewinn) stieg auf 367 Millionen US-Dollar im Vergleich zu 320 Millionen im Vorjahr – ein Wachstum von 15 Prozent.

Der Überschuss wäre noch höher ausgefallen, wenn Live Nation nicht 97 Millionen US-Dollar für die Klagen in Zusammenhang mit der Astroworld-Katastrophe zurückgestellt hätte. Der Prozess gegen Travis Scott und Live Nation soll in den nächsten Wochen beginnen.

Konzertgeschäft mit starkem Wachstum

Der Umsatz durch das Konzertgeschäft nahm um 26 Prozent von 2,3 Milliarden auf 2,9 Milliarden Dollar zu und macht damit den größten Teil des Gesamtumsatzes aus. 

Über 85 Prozent der Shows für das gesamte Jahr wurden bereits in großen Veranstaltungsorten gebucht, verglichen mit etwa 75 Prozent im letzten Jahr. Aus diesem Grund erwartet Live Nation ein Rekordergebnis für das Gesamtjahr.

Besucherwachstum

Die Zahl der Besucher von Live Nation-Events stieg um 21 Prozent auf 23 Millionen. Hauptsächlich verantwortlich war der Anstieg der um 40 Prozent auf fast 10 Millionen Fans weltweit. Live Nation berichtet ebenfalls von einem zweistelliges Wachstum der Festivalbesucherzahlen, das vor allem durch lateinamerikanische Märkte getrieben wird, nennt jedoch keine genauen Zahlen.

Künstler*innen, die in diesem Jahr wieder auf Tournee sind, erzielen in Arenen und Amphitheatern im Vergleich zu ihren Tourneen im Vorjahr höhere Verkaufszahlen und höhere Einnahmen pro Show, so Live Nation. Angesichts der gestiegenen Zahl von Live-Shows sei das bemerkenswert, so Live Nation.

Live Nation beobachtet bei verschiedenen Genres einen Anstieg der Live-Show-Angebote. Die Anzahl der bestätigten US-Shows für Afrobeats ist seit Jahresbeginn um 400 Prozent und für Latin-Music um ca. 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, mit ähnlichen Trends in Europa.

155 Millionen verkaufte Tickets

Seit Jahresbeginn verkauften Live Nation und die Tochtergesellschaft Ticketmaster insgesamt 155 Millionen Tickets. Im Vorjahresquartal waren es noch 145 Millionen Tickets gewesen.

Über Ticketmaster allein wurden im ersten Quartal 2024 rund 77 Millionen gebührenpflichtige Tickets verkauft. Insgesamt erzielte das Ticketinggeschäft einen Umsatz von 732 Millionen US-Dollar – ein Anstieg von 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, als 678 Millionen erreicht wurden.

Gestiegene Sponsoring-Einnahmen 

Der Umsatz durch Sponsoring und Werbung stieg in Q1 um 24 Prozent von 170 auf 211 Millionen. Damit stiegen die Sponsoring-Einnahmen auf Rekordniveau.

Die Investitionsausgaben für 2024 werden von Live Nation auf 600 Millionen Dollar geschätzt. Dabei handelt es sich vor allem um Ausgaben für Spielstätten. Live Nation/Ticketmaster will in den nächsten zwei Jahren mindestens 12 große Spielstätten weltweit eröffnen und die Renovierung von zwei Spielstätten in den USA und Mexiko noch in diesem Jahr abschließen.

Auf Wachstumskurs

Michael Rapino, CEO von Live Nation kommentiert:

"Unsere Ergebnisse für das erste Quartal zeigen, dass Live-Events für Fans auf der ganzen Welt weiterhin Priorität haben. Die weltweite Nachfrage der Fans ist stärker denn je, mehr Künstler*innen sind unterwegs, und es kommen mehr Veranstaltungsorte hinzu, um sie zusammenzubringen".

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