Meinungsmache
Wird unerlaubte Musiknutzung im Internet drastischer dargestellt, als sie es in Wirklichkeit ist?
Der Streamripper FLVTO.biz. © Screenshot (FLVTO.biz)
MusicWatch schreibt, dass Peer-to-Peer-Programme zunehmend an Beliebtheit einbüßen, Streamripper – mit denen Musik von Streaming-Seiten wie YouTube heruntergeladen werden kann – jedoch immer populärer werden: Während in den USA 2017 noch gut 15 Millionen Menschen Streamripper benutzten, waren es 2018 17 Millionen.
Notorisch
Bei den meisten Nutzerinnen und Nutzern handelt es sich dabei nicht um "Einzeltäter". Durchschnittlich werden 112 Musikstücke heruntergeladen – das entspricht ca. 10 Alben.
Zu den Hauptgründen, wieso Streamripper verwendet werden, zählt u.a. der kostenlose Offline-Konsum eines Stücks. Die meisten Streaming-Dienste erlauben dies nur zahlenden Usern. Viele User geben außerdem an, dass sie einen Song besitzen zu wollen, diesen jedoch nicht genug mögen, um dafür zu bezahlen.
Ohne Kontext
Auffällig ist jedoch – wie dies auch Digital Music News feststellt – die deutliche Färbung dieser vermeintlich objektiven Statistik. So stellte der britische Piracy-Tracker Muso jüngst fest, dass der unerlaubte Download von Musik weltweit tatsächlich um 34 Prozent gesunken ist – eine Tatsache, die in der Statistik von MusicWatch kaum Beachtung findet.
Auch vermeidet MusicWatch jegliche Art der Kontextualisierung der angegebenen Daten. Muso stellt fest, dass Amerika mit insgesamt 17 Milliarden Besuchen auf Websites, die unlizenziertes Material anbieten, zwar im internationalen Vergleich auf Platz 1 liegt. Dies ist zwar eine durchaus hohe Zahl, zeigt jedoch gleichzeitig, dass die Verwendung von Streamrippern hier nur einen vergleichsweise geringen Anteil hat.
Sündenbock
Statt solcher Hintergrundinformationen versteift sich MusicWatch auf so allgemeine (und unbelegte) Anschuldigungen wie die Behauptung, dass Nutzer von unlizenzierten Musikangeboten es auch wesentlich eher vermeiden, für andere Medienformate zu zahlen – und die Kritik von Streamrippern somit dem ganzen Entertainment-Ökosystem zu Gute kommt.
Diese Aussage befindet sich ganz im Einklang mit dem derzeitigen vorgehen der Recording Industry Association of America (RIAA), die sich – nachdem P2P-Netzwerk (und deren Nutzer) immer seltener werden – derzeit in einem Feldzug gegen Streamripper befindet.
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