Drohung mit rechtlichen Konsequenzen
Wissenschaftler werfen Spotify "Musikpiraterie" vor. Streaming-Dienst antwortet mit Einschüchterung
Rasmus Fleischer im Q&A auf der SHARE Konferenz 2012. © SHARE Conference auf Flickr / Lizenz: CC BY-SA 2.0
Eine vom schwedischen Forschungsrat geförderte Gruppe von Wissenschaftlern um Rasmus Fleischer arbeitet derzeit an einem Buch über die Streamingplattform Spotify. Ihr erklärtes Ziel ist dabei, die Funktionsweise der Algorithmen des Dienstes zu untersuchen.
Hat Spotify das Gesetz gebrochen?
Während seiner Forschung stieß das Team jedoch auf weitere Informationen, nach denen es eigentlich gar nicht gesucht hatte: Wie Fleischer bereits im Mai in einem Interview (hier gibt es das schwedische Original) bekannt gab, konnte man nachweisen, dass Spotify in seinen Anfangstagen Musikdateien vertrieben habe, für die es gar keine Lizenzen besaß.
Unter anderem wollen die Forscher nachgewisen haben, dass Spotify Dateien benutzte, die Mitarbeiter z.b. über die Filesharing-Seite The Pirate Bay heruntergeladen hatten.
Rechtliche Einschüchterung
Kurz nach diesem Interview erhielten die Forscher und der schwedische Forschungsrat Post von Spotitfy, in denen die Wissenschaftler aufgefordert wurden, ihre Arbeit einzustellen, da sie gegen die Nutzungsbedingungen von Spotify verstießen.
Zwar gibt Fleischer zu, dass zumindest einige der Aktivitäten tatsächlich eine Verletzung der Terms of Service darstellten. Man habe versucht, mit der Verwendung von Bots nachzuvollziehen, inwiefern die Spotify-Algorithmen sich manipulieren lassen. Dies sei jedoch in einem kleinen Maßstab geschehen, der die Nutzerdaten nicht gefährde und auch keine kommerziellen Absichten verfolge.
Weiterführung des Projekts
In einem neuen Interview mit Torrentfreak gibt Fleischer weiterhin zu bedenken, dass Spotify bereits seit mehreren Jahren von den Forschungen wusste. Der Brief, der Fleischer und sein Team aufforderte, die Arbeiten einzustellen, kam jedoch erst einige Tage nach der Information, dass Spotify anscheinend illegale Musik gestreamt hat.
Fleischer stellt fest, dass die Vorgehensweise Spotifys für ihn wie Kalkül wirke: "Die Drohungen haben das Projekt Zeit und Kraft gekostet. Dies scheint der Zweck zu sein, wenn große Unternehmen als unbequem wahrgenommene Forscher verfolgen. Selbst, wenn sie die Forschungen nicht aufhalten können, können sie sie dennoch verzögern."
Zumindest der schwedische Forschungsrat sieht in der Arbeitsweise des Teams keinen Grund zur Einstellung der Forschung. Entgegen der Forderungen Spotifys werde man die Finanzierung nicht einstellen. Das Buch "Spotify Teardown – Inside the Black Box of Streaming" soll Anfang 2018 erscheinen.
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