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Geringere CO₂-Emissionen bei Konzerten

Act 1.5: Massive Attack setzen neue Maßstäbe für nachhaltige Live-Musik

News von Backstage PRO
veröffentlicht am 16.07.2024

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Act 1.5: Massive Attack setzen neue Maßstäbe für nachhaltige Live-Musik

Massive Attack (live in Frankfurt 2019). © Torsten Reitz

Seit 25 Jahren engagiert sich die Trip-Hop Band Massive Attack im Kampf gegen den Klimawandel. Nun haben die Briten umfangreiche Maßnahmen angekündigt, die ihr bevorstehendes 1-Tages Festival "Act 1.5" in Bristol im August zu einem Beispiel für nachhaltige Live-Musik-Events machen sollen.

Mit "Act 1.5" treten Massive Attack nicht nur das erste Mal seit fünf Jahren wieder live in Großbritannien auf, das Konzert in ihrer Heimatstadt Bristol soll laut zugehöriger Webseite auch "den Höhepunkt von 25 Jahren Klimaschutzaktivismus der Band markieren und die erste physische Verwirklichung ihrer Zusammenarbeit mit Klimawissenschaftlern und -analysten darstellen."

Der Name der Veranstaltung verweist auf das 1,5 Grad-Ziel, also das Vorhaben, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen.

Eine Geschichte des Klimaschutzes

Bereits im Jahr 2019 hatten Massive Attack Forscher und Forscherinnen damit beauftragt, Strategien zur Reduzierung der CO₂-Emissionen bei Tourneen zu entwickeln. Diese Initiative führte 2021 zur Veröffentlichung des "Super-Low Carbon Live Music"-Fahrplans [PDF].

Nun haben Massive Attack eine umfangreiche Liste von Maßnahmen bekanntgegeben, die darauf abzielen, die Umweltbelastung ihres bevorstehenden Konzerts zu minimieren.

Anreise der Gäste

Wie Music Ally berichtet, liegt dabei ein besonderer Fokus auf der Anreise der Gäste. Um die damit verbundenen CO₂-Emissionen möglichst gering zu halten, führen Massive Attack einen 48-stündigen regionalen Vorverkauf ein – Tickets gibt es in diesem Zeitraum lediglich für Bewohner und Bewohnerinnen der Region Bristol. 

Zudem werden insgesamt fünf Sonderzüge organisiert, die auch noch nach den regulären Fahrzeiten der Eisenbahngesellschaft Network Rail verkehren und auf die Wohnorte der Ticketinhaber*innen abgestimmt sind.

Von und zu zwei wichtigen Bahnhöfen in Bristol wird es zudem kostenlose elektrische Shuttlebusse für die Besucher*innen der Veranstaltung geben. Fans, die mit dem Zug anreisen, erhalten zudem Bahn-Incentives, also spezielle Annehmlichkeiten.

Parkplätze in der Nähe des Geländes gibt es nicht. Bei besonderem Bedarf, kann man sich über die Webseite für einen zentral gelegenen Parkplatz registrieren.

Sonstiger Transport 

Auch Massive Attack selbst verpflichten sich dazu, wenn machbar, zu allen Spielorten ihrer anstehenden Tour mit dem Zug anzureisen. Ihre Vorbands werden dazu ermutigt, es ihnen gleich zu tun.

Alle sonstigen Bodentransporte sollen zu 100 Prozent mit Elektrofahrzeugen durchgeführt werden. Die Band will außerdem die  Transportemissionen durch Reduktion der Zahl von Lastwagen und Bevorzugung lokaler Lieferanten verringern. Damit sollen zudem die Transportwege verkürzt werden.

Nachhaltigkeit während des Events

Das gesamte Event soll schließlich zu 100 Prozent mit erneuerbarer Energie und Batteriesystemen betrieben werden. Um den Gesamtenergiebedarf zu senken, setzt die Band auf energieeffiziente Geräte. 

Die Beleuchtung der Anlage wird zu 100 Prozent solar- und batteriebetrieben sein. Bühnen- und Kunstprojektionen werden mit LED- und energieeffizienter Beleuchtung ausgestattet. Zudem sollen ein elektrisches Umspannwerk und Einspeisesäulen eingerichtet werden, um alle Festival-, Veranstaltungs-, Show- und Filmproduktionsaktivitäten in Bristol mit erneuerbarer Energie zu versorgen.

Die Verpflegung während des Events wird aus pflanzenbasierten Gerichten aus lokaler Produktion bestehen. Ein Mehrwegbechersystem wird eingeführt und Gäste werden dazu ermutigt, eigene Behälter mitzubringen. Die Servierwaren werden zu 100 Prozent kompostierbar sein. Außerdem gibt es Pläne zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung. Überschüsse sollen umverteilt werden. 

Außerdem verpflichten sich die Organisatoren zur Müllvermeidung auf Deponien. Die Toiletten vor Ort sind kompostierbar, Müll wird getrennt.

Nachhaltige Gelände

Für die Veranstaltung selbst soll zudem eine bereits bestehende Festivalinfrastruktur auf dem Gelände genutzt werden, um neue Emissionen zu vermeiden.

Zudem sind Massive Attack gerade dabei einen neuen Wald zu pflanzen, um ihren CO₂-Fußabdruck auszugleichen. Dieser besteht aus 19.150 einheimischen Eichen und ist in James Wood, nahe Taunton zu finden – etwa 44 Meilen von Bristol entfernt.

Ein neuer Standard in der Musikindustrie

Mit diesen Maßnahmen wollen Massive Attack einen neuen Standard für nachhaltige Konzerte setzen und möchte beweisen, dass es möglich ist, Musikveranstaltungen mit einem minimalen ökologischen Fußabdruck zu organisieren. Bandmitglied Robert del Naja fasst die Ziele zusammen:

"Die Produktion der Show ist in allen Aspekten der Dekarbonisierung wegweisend und wird eine Blaupause dafür schaffen, wie Live-Shows produziert werden können. Das Ausmaß der Innovationen und Emissionsreduzierungen wird für sich sprechen."

Verstärkte Bemühungen

Dass das Thema Nachhaltigkeit in der Livebranche immer mehr Einzug hält, zeigt jedoch nicht nur die Initiative von Massive Attack.

Auch Coldplay verfolgen bereits seit mehreren Jahren das Ziel die CO₂-Emissionen ihrer Tourneen um 50 Prozent zu senken. Mittlerweile schätzt die Band die Einsparungen ihrer im Jahr 2022 begonnenen "Music Of The Spheres"-Tour im Vergleich zu ihrer letzten Tour von 2016 bis 2017 auf fast 60 Prozent. Damit ist es Coldplay sogar gelungen, das Ziel ihrer Bemühungen zu übertreffen

Das Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat zudem ein Beratungskomitee zusammengestellt, das einen Bericht über Live-Musik und Klimawandel verfassen soll. Ziel des Bericht ist es Schlüsselbereiche zu identifizieren, in denen die Branche und Konzertbesucher*innen konkrete Verbesserungen zur Reduzierung der Emissionen erzielen können.

In Deutschland wird das Thema Nachhaltigkeit in der Livebranche ebenfalls großgeschrieben. So zeigte jüngst etwa das Projekt "Plant A Seeed", wie Großveranstaltungen nachhaltiger durchgeführt werden können. Auch Kooperationen wie die des BDKV mit The Changency – einer Agentur für nachhaltigen Wandel in der Musikindustrie – sollen zu mehr Nachhaltigkeit in der Konzertbranche führen.

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