Teil des Problems
Spotify-CEO Daniel Ek erntet Shitstorm von Künstlerinnen und Künstlern
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![Spotify-CEO Daniel Ek erntet Shitstorm von Künstlerinnen und Künstlern](https://storage.googleapis.com/leitmotiv-multi/regio-image-2022-02/1142454/xtralarge/daniel_ek1.jpg)
Daniel Ek (CEO Spotify). © Spotify
Der von Ek veröffentlichte Post, sollte vermutlich einen Denkanstoß für Kreativschaffende darstellen. In dem Beitrag heißt es unter anderem:
"Heutzutage, wo die Kosten für die Erstellung von Inhalten gegen null gehen, können die Leute eine unglaubliche Menge an Inhalten teilen. Das hat mich neugierig gemacht auf das Konzept der Langlebigkeit im Vergleich zur Kurzlebigkeit. Während vieles von dem, was wir sehen und hören schnell veraltet, gibt es zeitlose Ideen oder sogar Musikstücke, die über Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte relevant bleiben können."
Als Beispiel führt er das Wiederaufleben des Stoizismus an, viele der Ideen des römischen Kaisers Marc Aurel etwa würden noch Jahrtausende später "nachhallen". Das bringe Ek zum Nachdenken:
"Was sind die unintuitivsten, aber beständigsten Ideen, die heute nicht häufig diskutiert werden, aber eine lange Lebensdauer haben könnten? Und was schaffen wir heute, das auch in hunderten oder tausenden Jahren noch geschätzt und diskutiert werden wird?"
Kunst = Content
Besonders gut aufgenommen wird der Beitrag Eks jedoch nicht. In den Kommentaren hagelt es heftige Kritik: Vielen stößt die Bezeichnung von kreativen Werken als "Inhalte" böse auf. In einem Kommentar heißt es etwa:
"Musik wird auch in hundert Jahren noch wertvoll sein. Spotify nicht. Das wird nur als schlechtes Beispiel für ein parasitäres Werkzeug in Erinnerung bleiben, mit dem man aus der Musik anderer Leute Wert schöpft. (oder "Inhalte", wie einige Gauner es gerne nennen)"
Eine andere Person kritisiert zudem, Eks Aussage, das Produzieren von "Inhalten" koste immer weniger:
"Gute Inhalte kosten Geld in der Herstellung. Vor allem, wenn man ein Artist ist, der für seine "Inhalte" nur Bruchteile eines Cents bekommt".
Wer fragt, ist Teil des Problems
Der Rolling Stone etwa merkt an, dass der Unmut der User dadurch hervorgerufen sein könnte, dass es dem CEO gar nicht in den Sinn zu kommen scheint, dass er selbst mit seinem Unternehmen Teil des Problems ist.
Die Digitalisierung hat fraglos dazu geführt, dass Künstler durch "recorded music" deutlich weniger einnehmen. Tonträger sind weniger gefragt, Streams werden nur mit einer sehr geringen Entlohnung vergütet. Seit April gelten zudem neue Richtlinien, die dazu führen werden, dass einige Artists Ende des Jahres leer ausgehen werden – sollten ihre Songs nicht mindestens 1000 Streams generiert haben.
Dass aus einer geringen Entlohnung pro Werk letztendlich folgt, dass Künstler*innen versuchen, mehr zu produzieren, ist nur eine logische Folge. Dass Spotify das Anhören eines Songs bereits als Stream bezeichnet, wenn dieser für 30 Sekunden abgespielt wurde, trägt auch nicht sonderlich viel zur künstlerischen Vielfalt bei.
Songs werden kürzer, Verdienst wird weniger
Es zeigt sich die Tendenz immer kürzer werdender Songs. Kein Wunder, bedenkt man, dass ein Song wie etwa das erfolgreiche "Smells like Teen Spirit" für ein zweimaliges Abspielen ganze 9 Minuten bedarf, ein dreiminütiger Song hingegen, in diesem Zeitraum noch einmal mehr abgespielt werden kann. Auch lange Intros kommen deshalb aus der Mode, Songs sollen bereits in den ersten 30 Sekunden überzeugen.
Wenn Musikerinnen und Musiker nicht mehr genug Geld über das Produzieren von Musik einnehmen, müssen sie vermehrt auf Alternativen wie Tourneen und Merchverkäufe setzen. Doch das frisst Zeit, die nicht mehr in das Erschaffen von Kunst investiert werden kann.
Die Schattenseite der Streaming-Revolution
Ek übergeht mit seinem Statement also gewissermaßen all diejenigen Künstler*innen, die aufgrund der durch Streaming stark gesunkenen Einnahmen nicht mehr genug finanzielle Mittel zur Verfügung haben, um ihrer Leidenschaft und ihrem Beruf auf einer Art und Weise nachzugehen, wie sie es eigentlich gerne würden.
Innovative Konzepte zu entwickeln, kostet eben doch sowohl Geld als auch Zeit – Ressourcen, die unter den aktuellen Bedingungen bei vielen Künstler*innen eher knapp sind.
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