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Fokus auf Fanbindung

Billie Eilish: Was Musiker aus ihrer aktuellen Marketingkampagne lernen können

Spezial/Schwerpunkt von Antonia Freienstein
veröffentlicht am 28.05.2024

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Billie Eilish: Was Musiker aus ihrer aktuellen Marketingkampagne lernen können

Billie Eilish (2023). © Universal Music

Billie Eilishs drittes Studioalbum ist gerade ein paar Tage alt, schon erscheint eine weitere Version des Werkes. Das Besondere: Auf dieser sind lediglich die Vocals der Künstlerin zu hören – für die Musik soll die Community sorgen. Es ist nicht das erste Mal, dass Eilish besondere Wege geht, um die Fanbindung zu steigern. Wir werfen einen Blick auf die bisherigen Marketingzüge der Künstlerin und stellen die Frage, was Musiker und Musikerinnen daraus lernen können.

Die Vocals-only-Version von "Hit Me Hard And Soft" soll musikaffine Fans dazu motivieren, ihre eigene Remixes des Albums zu erstellen und mit eigener Musik zu unterlegen. 

Dabei kollaboriert Eilish mit der Plattform BandLab, die ihren Nutzer*innen eine kostenlose digitale Audio-Workstation zur Verfügung stellt, über die erstellte Inhalte verkauft oder über Social Media veröffentlicht werden können. 

Einladung zum Experimentieren

Die Veröffentlichung der Vocals-only Version von "Hit Me Hard And Soft" erfolgte über den Webstore von Billie Eilish. Bisher ist der Erwerb nur in ausgewählten Ländern und Regionen möglich, zu denen Deutschland aktuell nicht zählt.

Fans in Nordamerika, Großbritannien und Australien die bereits einen Digital Download des Albums erworben haben, sollen hingegen automatisch den Download der Vocals-only Version erhalten.

Billie Eilish lädt Besitzer*innen des Albums also dazu ein, ihr neues Werk nicht nur käuflich zu erwerben und zu konsumieren, sondern sich auch aktiv mit diesem auseinanderzusetzen und damit selbst zu experimentieren. 

Das Investment in "wahre Fans" 

Damit greift Eilish eine Vorgehensweise auf, die Musiker und Patreon-CEO Jack Conte Kreativschaffenden erst auf dem diesjährigen SXSW Festival ans Herz gelegt hatte: das Investieren in tiefe Verbindungen zu ihren Fans.

Laut Conte sollten Kreative nicht allein darauf setzen, ihre Reichweite zu vergrößern und neue "Subscriber" auf den Sozialen Medien für sich zu gewinnen. Wichtig sei vor allem die Qualität der Interaktionen zwischen Künstler*innen und Fans.

Statt den Content zu sehr an die Anforderungen der inzwischen häufig von Algorithmen dominierten Plattformen anzupassen, um weiterhin möglichst viele Personen zu erreichen, sei es empfehlenswert sich zu überlegen, wie das Verhältnis zu bereits existierenden Fans bzw. Followern vertieft werden kann.

Nur so könnten sich Künstler*innen eine wertschätzende Community aufbauen, die unabhängig von aktuellen Internettrends bestehen bleibe.

Das Potenzial der Superfans

Tatsächlich scheinen gerade in der Musikbranche in der letzten Zeit vermehrt Unternehmen auf das Potenzial tiefer Verbindungen aufmerksam geworden zu sein.

Dies zeigt sich etwa in Hinblick auf sogenannte "Superfan"-Plattformen wie "We are Giant" oder "Fave", denen es gelungen ist, Investitionen in Millionenhöhe zu generieren. Auch Warner soll inzwischen an einer eigenen Superfan-App arbeiten. Im März machte der britische Musiker James Blake Schlagzeilen damit, dass er seine Hoffnung auf die Artist-to-Fan-App Vault.fm setzt. 

In einem Report vom 27. Juli 2023 hatte Spotify for Artists das Hörverhalten von sogenannten "Super-Hörer*innen" analysiert und war zu dem Schluss gekommen, dass diese trotz ihrer geringen Anzahl – zum Zeitpunkt des Erscheinens des Berichts machten sie durchschnittlich etwa zwei Prozent der monatlichen Hörerschaft aus – bedeutsame Auswirkungen haben.

So sollen die Superfans laut Spotify für nicht weniger als 18 Prozent der monatlichen Streams verantwortlich sein. Auch knapp über die Hälfte der Merch-Käufe über die Plattform sollten sich auf die kleine Gruppe dieser zurückführen lassen.

Billie Eilish macht Follower zu "engen Freunden"

Dass man als Artist nicht immer auf eine Superfan-Plattform angewiesen ist, um die Verbindung zu den eigenen Fans zu vertiefen, hat Billie Eilish im Zuge der Veröffentlichung ihres neuesten Albums bereits mehrfach bewiesen. 

Ursprünglich hatte Eilish angekündigt, vor dem offiziellen Erscheinens ihres Albums keine Vorab-Singles zu veröffentlichen. Erste Eindrücke konnten dennoch gesammelt werden – jedoch nicht von allen.

Anfang April sorgten einige Instagramstories der Künstlerin für Aufsehen. Grund dafür war weniger deren Inhalt (ein konventioneller Albumteaser), sondern vielmehr, dass Eilish ihre bis dato 120 Millionen Follower zu ihrer "Close Friends"-Liste hinzugefügt hatte.

Zeichen der Wertschätzung

Das "Close Friends"-Feature ermöglicht es Instagram-Nutzer*innen Inhalte nur mit ausgewählten Personen zu teilen.

Eilishs Instagramprofil ist öffentlich und damit nicht nur für ihre Follower, sondern sogar für Personen einsehbar, die nicht auf Instagram registriert sind. Durch die Ernennung ihrer Follower zu "Close Friends", kann sie nun dennoch Beiträge teilen, die nur Personen angezeigt werden, die ihr auch tatsächlich folgen.

Hierdurch schien die Künstlerin an ihrer Person Interessierten erfolgreich einen Anreiz dafür zu bieten, sie zu abonnieren, denn alleine in den ersten zwei Tagen nach dieser Änderung, soll Eilish laut Billboard über 7 Millionen neue Follower dazu gewonnen haben, was einem Wachstum von 6,4 Prozent entspricht.

Obwohl Eilish natürlich nicht wirklich mit Millionen Fans eng befreundet ist, wirkt die Entscheidung, diesen mehr Content zugänglich zu machen, dennoch wertschätzend. Sie hebt ihre Follower damit vom Rest ihrer Profilbesucher*innen ab und inszeniert zugleich eine gewisse Vertrautheit.

Eilish hostet "Listening Party" für Top-Fans

Doch auch auf Spotify besonders aktive Eilish-Hörer*innen konnten sich freuen. Zum Anlass des Erscheinens ihres neuen Albums hatte die Künstlerin auf ein neues Feature des Streamingdienstes zurückgegriffen: der "Listening Party". 

Die gastgebenden Künstler*innen von Listening Partys haben die Möglichkeit ihre Musik aus ihrer Spotify-Bibliothek abzuspielen und nebenher über einen Audiostream zu ihren Fans zu sprechen oder sogar in direkte Gespräche mit diesen zu treten. Ein Chat sorgt zudem für weitere Austauschmöglichkeiten unter den Teilnehmenden.

An Eilishs Listening Party teilnehmen konnten dabei lediglich Top-Fans der Künstlerin, die Eilishs neues Album noch vor dessen Veröffentlichung abgespeichert (gepresaved) hatten. Diese kamen in den Genuss, gemeinsam mit Eilish das neue Album zu hören, mit ihr in Kontakt treten und Merch zu erwerben. 

Fan-kreierte Highlights

Auch TikTok hatte mit "Fan Spotlight" kürzlich ein neues Feature eingeführt, dass Artists und Fans näher zusammenbringen soll.

Fan Spotlight nämlich ermöglicht es Künstler*innen, bis zu fünf von Fans erstellte Videos an den oberen Reiter ihrer TikTok-Profile zu pinnen. Eilish hatte die Funktion im Rahmen der Veröffentlichung ihres neuen Albums vorgestellt. Inzwischen ist es jedoch für alle Künstler*innen auf TikTok verfügbar.

All diese Marketingzüge Eilishs erweitern das bisherige Repertoire an Interaktionen zwischen der US-amerikanischen Künstlerin und ihren Fans um neue Zugänge und lassen sie in gewissem Maße nahbarer wirken. 

Von Billie Eilish lernen

Dass sich Eilish bewusst an ihre bisherigen Fans wendet und diesen Zusatzmaterial sowie exklusiven Zugang zu Events gewährt, spricht dafür, dass sich die Künstlerin im Rahmen der Marketing-Kampagne zu ihrem neuen Album nicht nur eine möglichst große Reichweite erzielen will.

Stattdessen scheint die Kampagne auch die Qualität der Interaktionen mit den Fans steigern zu wollen, was Contes Ansatz entspricht statt auf mehr Verbindungen auf tiefere Verbindungen zu setzen. 

Sicherlich hat Billie Eilish als eine der populärsten Musikerinnen der Gegenwart ganz eigene Möglichkeiten. Nur wenige Musikschaffende werden vermutlich von Spotify und TikTok eingeladen, neue Features zu testen

Allerdings liefert Eilish mit ihrer Marketingkamp einige Beispiele, an denen sich auch kleinere Künstler*innen orientieren können. Dass es dabei nicht unbedingt eine Kollaboration mit einem großen Unternehmen bedarf, hatte 2021 bereits die deutsche Künstlerin Mine bewiesen.

Auch kleinere Acts setzen auf Fanbindung

Vor dem Erscheinen ihres Albums "Hinüber", hatte sie ihre Hörer*innen dazu eingeladen, ihren Song "Unfall" noch vor ihr zu veröffentlichen. Auf einer eigens zu diesem Anlass kreierten Webseite konnten Fans Noten und Text der Single einsehen und ihre eigene Version hochladen. Mine hatte ihre Aktion damals "Wie klingt mein neuer Song, wenn du ihn spielst?" getauft. Eilishs "Vocals-Only"-Aktion folgt  einem ganz ähnlichen Prinzip.

Fans lassen sich auch auf andere Art und Weise kreativ einbinden. Musiker wie Jeremy Loops oder Tom Rosenthal etwa haben ihre Fans in der Vergangenheit zum Beispiel dazu aufgefordert kurze Videos einzureichen. Aus diesen wiederum erstellten die Musiker die Musikvideos zu ihren neuen Songs. 

Obwohl Spotifys Listening Parties aktuell nur wenigen Künstler*innen vorbehalten sind, können auch über für Fans erstellte Newsletter oder WhatsApp-Gruppen ganz ähnliche Events organisiert werden. Ein weiterer Vertriebskanal neben Instagram, Facebook, TikTok und Co., der nicht algorithmusbasiert funktioniert, garantiert zudem das bessere Erreichen der eigenen Community. 

Diese Beispiele zeigen, dass man nicht Billie Eilish sein muss, um die Verbindung zu Fans und Followern zu stärken.

Wie sieht es bei euch aus? Welche Strategien nutzt ihr, um das Verhältnis zwischen Künstler*innen und Fans zu vertiefen lässt? Teilt eure Erfahrungen gerne in den Kommentaren.

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